Branchenorganisationen der familienergänzenden Bildung und Betreuung fordern Behörden zum Handeln auf
Die Lage in der familienergänzenden Bildung und Betreuung ist ernst – und muss unverzüglich verbessert werden. Deshalb haben sich vier Branchenorganisationen aus allen Sprachregionen zusammengeschlossen, um mit einer Stimme zu sprechen und einen gemeinsamen Offenen Brief zuhanden der Behörden zu verfassen. Sie verlangen darin, die Professionalisierung aller Fachpersonen und die Bekämpfung des Fachkräfte- und Personalmangels mit konkreten und messbaren Massnahmen mit dem Ziel anzugehen, die Qualität zugunsten der Kinder sicherzustellen.
Krise ist überall in der Schweiz angekommen
Seit langem weisen die Westschweizer Plattform für Kinderbetreuung (Pro Enfance), die Associazione delle strutture d'accoglienza per l'infanzia della Svizzera italiana (ATAN), die Federazione Ticinese delle Famiglie Diurne (FTFD) und der Verband Kinderbetreuung Schweiz (kibesuisse) auf die Wichtigkeit der Qualität in der familienergänzenden Bildung und Betreuung (Kindertagesstätten, schulergänzende Tagesstrukturen und Tagesfamilienorganisationen) hin. Die Lage in der Branche ist ernst und hat sich inzwischen zu einer Krise ausgewachsen, deren Auswirkungen in allen Regionen der Schweiz zu spüren sind. Deshalb haben sich jetzt die vier Organisationen entschieden, ihre Kräfte zu bündeln. An einer gemeinsamen Medienkonferenz haben sie ihren Offenen Brief zuhanden der Behörden vorgestellt.
Zwei Ziele im Fokus
Heutzutage sind zu viele Mitarbeitende in der familienergänzenden Bildung und Betreuung pädagogisch nur ungenügend ausgebildet. Zudem ist die Branche vom akuten und allgegenwärtigen Fachkräfte- und Personalmangel betroffen. Pro Enfance, ATAN, FTFD und kibesuisse fordern deshalb insbesondere die Konferenz der kantonalen Sozialdirektorinnen und Sozialdirektoren (SODK), die Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektorinnen und -direktoren (EDK) sowie die kantonalen Parlamente und Regierungen dazu auf, mit Blick auf die Sicherstellung der Qualität zugunsten der Kinder zwei Ziele unverzüglich anzugehen: die Professionalisierung aller Fachpersonen und die Bekämpfung des Fachkräfte- und Personalmangels in der Branche.
Professionalisierung muss mit ausreichender Finanzierung einhergehen
Um die Professionalisierung aller Fachpersonen zu erreichen, sind drei Massnahmen vonnöten. Erstens müssen die zuständigen Behörden die Finanzierungsmodelle so ausgestalten, dass in allen Sprachregionen 100 Prozent der Mitarbeitenden mit abgeschlossener, eidgenössisch anerkannter Grundbildung angestellt werden können. Darauf aufbauen sollen 50 Prozent dieser Mitarbeitenden bis 2030 einen tertiären Abschluss erlangen. Zweitens sollen die zuständigen Behörden die Finanzierungsmodelle so ausgestalten, dass alle drei Betreuungsformen einheitlich geregelt sind. Drittens soll nicht ausgebildetes Personal nicht mehr in den Betreuungsschlüsseln eingerechnet werden. Für die Umsetzung braucht es verbindliche gesetzliche Vorgaben und eine ausreichende, dauerhafte und vorhersehbare Finanzierung.
Bessere Bindung der Betreuungspersonen an den Beruf
Um den Fachkräfte- und Personalmangel in der Branche wirksam zu bekämpfen, müssen ebenfalls drei Massnahmen umgesetzt werden. Erstens braucht es nachhaltige Finanzierungsmodelle, um geregelte Arbeitszeiten für die direkte pädagogische Arbeit mit dem Kind zu gewährleisten, aber auch für die Vorbereitung, die Zusammenarbeit mit den Familien oder die Weiterbildung. Zweitens kann der Anstieg der Anzahl ausgebildeter Fachpersonen (EFZ, HF und FH) nur in Absprache unter den verschiedenen Berufsschulen und OdA’s sowie in Zusammenarbeit auf kantonaler, interkantonaler und nationaler Ebene gelingen. Drittens gilt es, Betreuungspersonen besser an den Beruf zu binden. Die Löhne zu erhöhen, reicht dafür nicht aus, sondern die aktuell schwierigen Arbeitsbedingungen müssen auch verbessert werden.
Klare Aufforderung zum Handeln
Ab sofort geht es darum, dieser aktuellen Krise zu begegnen und den Bedarf an Professionalisierung sowie den Fachkräfte- und Personalmangel in der familienergänzenden Bildung und Betreuung anzugehen. Pro Enfance, ATAN, FTFD und kibesuisse fordern die SODK und EDK dazu auf, die in diesem Offenen Brief vorgestellten konkreten und messbaren Massnahmen nicht nur zu besprechen, sondern mit den Kantonen und den Bundesämtern die notwendigen Schritte zu ihrer Umsetzung zu planen und einzuleiten. Ende 2025 werden die vier Organisationen nachfassen, inwieweit die Behörden in diesem Prozess vorangekommen sind.
Unterlagen
Offener Brief an die SODK und EDK
Einschätzung von ATAN und FTFD
Beitrag in der SRF-Sendung «Rendezvous am Mittag»
Beitrag in der RTS-Sendung «Le 12h30»
Beitrag in der RSI-Sendung «Telegiornale»